Team des Monats April 2020
Eveline mit Louise, Mischling, 13 Monate
Louise war zwei Wochen zuvor bei Eveline`s Familie eingezogen. Die junge Hündin kam aus Italien - über ihre Vorgeschichte war kaum etwas bekannt. Sie wurde mit ihrer Schwester zusammen auf der Strasse gefunden. Da das Einleben in der neuen Umgebung für Louise sehr schwierig war, wandte sich die Familie an Pro Cane.
Vor Ort erzählte Eveline von den Geschehnissen. Louise wurde in einem Lieferwagen, zusammen mit vielen anderen Hunden, nach Mailand gebracht. Gemäss Chauffeur dauerte die Reise über 13 Stunden. Der Mann machte einen gereizten Eindruck als er, sehr unsanft, Louise aus ihrer Transportbox nehmen wollte. Die Kleine hatte solche Angst, dass sie nach dem Mann biss. Dieser wurde wütend und überliess diese Aufgabe daraufhin einfach Eveline. Mit viel Geduld schaffte sie es dann auch und konnte die total verängstigte Louise nach Hause bringen. Dort verkroch sich Louise sogleich in ihrer Box und wollte diese auch nicht mehr verlassen; weder zum Essen noch um sich draussen zu versäubern. Eveline musste viel Geschick beweisen, damit die Kleine ein wenig Vertrauen in sie fasste. Vor den anderen Familienmitgliedern, dem Ehemann und den beiden Kindern, machte Louise einen grossen Bogen. Kamen ihr diese zu nahe, so knurrte sie, oder schnappte sogar nach ihnen. Wie sollte das nun weitergehen? Wir führten ein langes Gespräch und analysierten die Fakten. Sprachen über Bedürfnisse von Hund und Mensch, über Zukunftspläne und Vorstellungen. Ich zeigte mögliche Trainings- und Therapie-Ansätze auf. Die Familie von Eveline verhielt sich im Umgang mit Louise absolut vorbildlich. Doch es bedurfte dauernder Management-Massnahmen, damit es nie zu einem unkontrollierten und somit potentiell gefährlichen Zusammentreffen zwischen der Hündin und dem jüngsten Kind (1,5 jährig) kam. Dies führte zu Stress auf allen Seiten, denn man trägt als Eltern die Verantwortungen für den neuen Hund UND die eigenen Kinder. Ein Beissvorfall wäre da unverzeihlich. Natürlich informierte sich Eveline im Vorfeld, ob Louise `kindertauglich` sei. Man sagte ihr daraufhin `man gehe davon aus`. Diese Situation war für Mensch und Tier höchst belastend. Louise kam auch nach diesen zwei Wochen erst aus der Box, wenn Eveline alleine im Raum war. Sobald ihr Mann oder die Kinder in die Nähe kamen, zog sie sich wieder zurück und knurrte bei deren Annäherung – Stress pur! Auch draussen war es für Louise massiv stressig. Autos, Hundebegegnungen und Geräusche versetzten die Kleine rasch in Panik.
Wie sollte es nun weitergehen? Die Kinder möchten ja irgendwann auch wieder ihre FreundeInnen mit nach Hause bringen. Man wollte gemeinsame Ausflüge machen, Besuch empfangen. Louise sollte auch gelegentlich von Evelines Mutter betreut werden. Sie sollte sich wohl und geborgen fühlen in ihrer neuen Familie – das war das Ziel. Nun war genau das Gegenteil der Fall und es sah nicht so aus, als würde sich dies in naher Zukunft (oder vielleicht sogar niemals) ändern.
So beschlossen wir, dass Eveline die Organisation kontaktiert, um für die Kleine einen neuen Platz zu finden. Solche Entscheidungen fallen nie leicht und machen traurig – doch leider gibt es im Leben nicht für alles ein Happyend.
Als die Organisation Tage darauf Louise abholte, wurde Eveline bezichtigt, alles falsch gemacht zu haben und nur wegen ihr sei der Hund jetzt so verstört. Auch an den folgenden Tagen wurde Eveline mit Anrufen und Nachrichten bombardiert und es hagelte Anschuldigungen und böse Worte. Eveline und ihre Familie waren am Boden zerstört. Als wäre die Situation nicht schon belastend genug, wurden sie nun noch auf diese Art und Weise angegriffen. Leider gibt es in dieser Branche auch schwarze Schafe.
Louise kam zwischenzeitlich in eine neue Familie. Leider scheint es dort auch nicht zu funktionieren. Die Kleine lässt sich auch dort nur von einer Person anfassen und zieht sich zurück. Vielleicht muss sie wieder zurück nach Italien. Wir wissen es nicht. Aber wir hoffen ganz fest, dass Louise doch noch einen Lebensplatz finden darf. Ohne Stress und Angst. Vielleicht bei einer Einzelperson auf dem Land.
Liebe Eveline
Ihr habt euch richtig entschieden. Es geht nicht darum auf Biegen und Brechen an einem Entscheid festzuhalten. Das hat nichts mit Tierliebe zu tun. Liebe zum Tier kann auch bedeuten, dass man sich gegen das Tier entscheidet, denn seine Bedürfnisse sind ebenso wichtig wie die eigenen. Alles andere wäre egoistisch. Wenn ein Mensch-Hund-Team nicht zusammenpasst, dann sollte man sich nach einem geeigneteren Platz für seinen Liebling umsehen. Das ist ehrlich und mutig und verdient den Titel Pro Cane Team des Monats. Denn manchmal heisst lieben auch Loslassen können. Ich wünsche Dir und Deiner Familie viel Kraft!
Eveline`s Feedback:
"Nachdem wir unseren 12-jährigen Flatcoated Retriever vergangenen August über die Regenbogenbrücke ziehen lassen mussten, fehlte ein Hund in der Familie.
Wir entschieden uns, einem Strassenhund ein schönes neues Zuhause zu schenken. Auf der Suche nach einem passenden Hund stiessen wir auf Louise und ich verliebte mich sogleich in Ihr Bild. Auch der Beschrieb zur Hündin liess nur Gutes heissen. Sogleich wurde das Bewerbungsformular ausgefüllt und gleichentags telefonierte ich bereits mit der Vermittlerin in Italien. Nach diversen langen Gesprächen mit der Vermittlerin und unzähligen schlaflosen Nächten mit den Gedanken das richtige zu tun, entschlossen wir uns Louise zu adoptieren.
Jetzt ging alles ganz schnell. Wir fuhren mit riesiger Vorfreude nach Mailand um Louise, welche von Süditalien bis nach Mailand transportiert wurde auf dem vereinbarten Parkplatz abzuholen.
Leider verlief die Übergabe, so wie bereits Alain geschrieben hat, nicht sehr glücklich ab.
Die ersten Tage zu Hause war Louise sehr ängstlich und doch liess sie sich vorsichtig anfassen. Später erklärte mir Alain, dass die Hunde teilweise die ersten Tage wie in einer Schockstarre sind und alles über sich ergehen lassen. Doch nach nur 5 Tagen änderte sich ihr Verhalten um 180 Grad. Sie liess sich nur noch von mir anfassen und füttern und nur wenn ich alleine mit ihr war. Weder mein Mann noch meine Kinder konnten jetzt mehr in ihre Nähe ohne dass sie angeknurrt, ja sogar Zähne fletschend zurecht gewiesen wurden. Abends wenn alle im Bett waren und ich mit Louise alleine, war sie anhänglich und verschmust.
Wie sollte es jedoch weitergehen? Ihr ängstlich aggressives Verhalten zum Rest meiner Familie wurde immer stärker.
Bei unserem Hilferuf war sich Alain offensichtlich der Ernst der Lage und einem sofortigen Handeln bewusst. Nur wenige Tage später kam Alain uns bereits besuchen.
Lieber Alain
In einem sehr langen und intensiven Gespräch konntest Du uns das Handeln und die natürliche Intuition eines Hundes und der damit verbundenen Risiken logisch und aufschlussreich vermitteln.
Durch Deine ruhige, geduldige und ehrliche Art konntest Du uns dabei die Schuldgefühle nehmen nicht als „Versager“ dazustehen. Deine Begründung und Deine Einschätzung der Lage und nicht eine Erzwingung einer Lösung liess uns noch Luft für Überlegungen für die weitere Vorgehensweise.
Deine Begründungen und die damit verbundenen Risiken für unsere Familie konnten unseren Eindruck nur bestätigen. Folglich liess dies nur eine Handhabe zu, uns von Louise zu trennen, auch wenn uns dies noch so schwer fiel.
Auch die darauffolgenden Tage fandest Du immer ein offenes Ohr für mich, Du hast mich mit Deinen Worten weiter bestärkt den richtigen Schritt getan zu haben und Deine tröstenden Worte halfen mir durch die schweren Tage nach der Abgabe von Louise.
Wir haben zum Wohle von Louise gehandelt, denn sie war bei uns mit ihrem sehr ängstlichen und unsicheren Wesen einfach überfordert. Wir denken noch sehr oft an sie und vermissen sie trotz allem.
Für Deine wertvolle Unterstützung möchten wir uns nochmals von ganzem Herzen bedanken.
Wir wünschen Dir und Deinem Team alles Liebe".

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